Das Jahr 2014 endete mit einem Ereignis, das niemand in dieser Form vorhergesehen hatte. Nos ku Nhos stand im Bann des Vulkanausbruchs, der die beiden Orte Portela und Bangaeira (die Kernsiedlungen von Chã das Caldeiras) auf Fogo fast vollständig von den Landkarten gelöscht hat – und mit ihnen den Sanitätsposten und die Pension Casa Monte Amarelo. Doch davon später. Beginnen wir diesen Jahresbericht mit Erfreulicherem.

Mitte Mai startete die kapverdische Sängerin Neuza ihre Europa-Tournee in Vorarlberg. Eine Woche wohnten sie und die Band um Schlagzeuger Markus Leukel im Ferienhaus eines unserer Sponsoren. Dort in Übersaxen bereiten sich die Musiker auf die kommenden Konzerte vor – unter ihnen niemand geringerer als Toy Vieira, Gründungsmitglied der Band und langjähriger Pianist von Cesaria Evora. Die Tournee startete am 15. Mai inoffiziell in Übersaxen mit einem Freundschafts-Konzert speziell für Nos ku Nhos. Der Gemeinde Übersaxen sei an dieser Stelle für ihre Unterstützung herzlich gedankt. Am Tag danach genoss die Band im „Rankweiler Hof“ die wohl besten Käsknöpfle im Ländle, und erfreute im Gegenzug die Gäste mit einigen Songs. Eine weitere Einladung führte die Musiker ins „Schäfle“ in Altenstadt. Das Konzert in der Kulturwerkstatt Kammgarn in Hard am 17. Mai war dann der offizielle Auftakt zur Tour.

Aufgrund privater Verpflichtungen von Klaus und Gerda sollte dies die einzige größere Vereinsaktivität in Vorarlberg bleiben, und auch ihr Kapverde-Aufenthalt im November und Dezember 2014 war in erster Linie als Erholungsurlaub geplant. Gerade in Praia angekommen, trafen sie Rosandro Monteiro, Präsident der Associação dos Agricultores de Chã das Caldeiras (Agrargemeinschaft), der sie zu einer Wein- und Kulturmesse am kommenden Tag in Praia einlud. Filmemacher Guenny K. Pires wiederum wollte Klaus und Gerda auf einem von ihm organisierten internationalen Filmfestival ebenfalls in Praia willkommen heißen. Doch alles kam anders:

Am Vormittag des nächsten Tages (Sonntag, 23. Nov. 2014) erfuhren sie von Nos-ku-Nhos-Geschäfts-führer Elias Fernandes-Montrond per Telefon, dass nach starken Erdstößen in der vorherigen Nacht der Vulkan ausgebrochen war. Für die Chronologie des Ausbruchs verweisen wir auf unsere Website.

Anstatt wie geplant mit der Flugzeug erreichten Gerda und Klaus am Montag Fogo per Schiff. Ohne genauere Informationen über die vulkanische Aktivität blieben sie zunächst im Zweifel, ob sie hinauf nach Chã das Caldeiras fahren sollten. Die Entscheidung trafen ihre Freunde aus dem Ort: Nach kurzer Nacht in Sao Filipe wurden sie um 4:00 Uhr morgens geweckt: Sie mussten vor der Polizei den Eingang in den Vulkankessel erreichen, denn Chã das Caldeiras war inzwischen „aus Sicherheitsgründen“ zur Sperrzone erklärt worden. Es folgten zwei Stunden Fußmarsch nach Portela, denn auch die Piste am Bordeira-Rand war bereits von Lavamassen verlegt. Ein anderer Lavastrom bewegte sich in Richtung Ort. Entgegen den Presse-Erklärungen der Innenministerin waren – mit Ausnahme der Kinder und Alten – fast alle Bewohner in der Caldeira, um Wertsachen und Hausrat zu retten. Krankenschwester Ester kochte für die Bedürftigen. Klaus und Gerda halfen, wo immer dies möglich war. Ihr ursprünglicher Zweifel war rasch verflogen: Sie waren willkommen, und ihre Freunde freuten sich, in dieser verzweifelten Situation nicht im Stich gelassen zu werden.

Am Mittwoch, dem 26.11. war es zunächst unmöglich, in die Caldeira zu gelangen: Premierminister José Maria Neves wollte seine Solidarität demonstrieren und gab eine Pressekonferenz in Portela. Daher wurde der Zugang komplett gesperrt. Lediglich Gerda als Ärztin und Klaus als ihr „Assistent“ durften passieren. Für die Leute, die im Ort übernachtet hatten, brachten sie Erklärung, warum Hilfe von außen ausblieb. Im Laufe des Tages waren alle Häuser von Portela geräumt. Der Hausrat wartete erhöht am Hang des Monte Amarelo auf den Abtransport. Als sich abzeichnete, dass der Ort unausweichlich zerstört wird, wurde am Donnerstag begonnen, auch die Häuser zu demontieren. Fenster und Türen, Waschbecken und Klos, selbst Wellblech von den Dächern wurde auf den Monte Amarelo gebracht.

Der Abtransport ließ auf sich warten, teils weil es zunächst keine Fahrzeuge gab (es sei denn, man bezahlte selbst), teils weil die Piste immer wieder verlegt wurde und neu trassiert werden musste. Am Freitag wurden der Hausrat von José und die Einrichtung des Sanitätspostens schließlich abtransportiert. Für Klaus und Gerda gab es in Portela nun nichts mehr zu tun. Am Samstag besuchten sie das Lager in Monte Grande, wo ein Teil der Vertriebenen in den Notquartieren vom Ausbruch 1995 untergebracht waren. Von den damals errichteten Häusern war kaum mehr als der Rohbau erhalten, ohne Wasser und Strom, ohne Sanitäranlagen und Kochgelegenheiten.

Während ihres Aufenthalts auf Fogo wohnten Klaus und Gerda bei Elias Fernandes-Montrond in Sao Filipe, wo sich auch immer wieder Familienmitglieder einfanden. Einer von ihnen war schwerstens traumatisiert und verlor immer wieder das Bewusstsein. Psychologische Hilfe gab es nicht.

Den Montag nutzten Klaus und Gerda für diverse Erledigungen (z.B. die Einrichtung eines Vereinskontos), und Klaus gab Interviews für die Wochenzeitung „A Semana“ und die kapverdische Nachrichtenagentur „Inforpress“.

Am Dienstag (02.12.) erreichte sie die Nachricht von José, dass der Lavastrom den Ortskern erreicht hatte und die Zerstörung des Orts unmittelbar bevorstand. Zu diesem Zeitpunkt durften nur noch Hirten in die Caldeira, um ihre Tiere zu betreuen. Entsprechend schwierig war es, die Polizeisperre zu passieren. Im Laufe des Tages mussten Klaus und Gerda untätig zusehen, wie die Lava über die Häuser hinweg kroch. Die Pension Casa Monte Amarelo war ihr privates Projekt. Sie war Ausgangspunkt für weitere Aktivitäten und damit letztendlich für die Gründung des Vereins Nos ku Nhos. Was klein begonnen hatte, war inzwischen auf vier Doppelzimmer und zwei Einzelzimmer (alle mit Dusche und WC) sowie Speisesaal mit Küche angewachsen. Das Haus wurde mehrere Meter hoch von der Lava überdeckt. Auch der von Nos ku Nhos von Grund auf renovierte Sanitätsposten wurde an diesem Tag von den Lavamassen zerstört.

Dies war der Abschied von Portela. Ihre Casa Monte Amarelo und die Sanitätsstation waren zerstört. Auch die Familie von José hatte Portela verlassen. So gab es in den nächsten Tagen keinen Grund mehr, nach Chã das Caldeiras zurückzukehren.

Am 05.12. besuchten Klaus und Gerda eine Benefizveranstaltung des Restaurants Calerom in Sao Filipe, bei der sich die lokale Prominenz ein Stelldichein gab. Im Laufe dieses Abends wurde der untere Ortsteil von Chã das Caldeiras von flüssiger Lava verschüttet.

Am Samstag offenbarte ein Lokalaugenschein im Auffanglager Achada Furna ähnlich desolate Zustände wie in Monte Grande. Nur ein Teil der Hilfslieferungen war tatsächlich angekommen, und die wöchentlichen Nahrungsrationen für die Evakuierten waren beängstigend klein – auch wenn die Sozialbeauftragte der Gemeinde vom Gegenteil überzeugt war.

Während der Tage auf Fogo war für Gerda und Klaus die Kommunikation mit Vorarlberg eine große Herausforderung. In der Caldeira musste CV Telecom erst ein neues Funknetz herstellen, nachdem die bestehenden Leitungen vom Vulkan zerstört worden waren. Das einzige Handynetz war instabil, das Verschicken von Fotos ebenso unmöglich wie der Mailverkehr. Per SMS hielt Klaus den Kontakt mit Georg, der in Dornbirn versuchte, die kapverdischen Pressemeldungen zu übersetzen und die Ereignisse über die Vereins-Website zu verbreiten.

Eine erste Presseaussendung blieb ohne nennenswertes Echo. Von Honorarkonsul der Republik Kapverde DI Wolfgang Meixner wurde sie gemeinsam mit einem Spendenaufruf weiter verbreitet. Über Wolfgang Meixner erfuhr auch der zuständige Sachbearbeiter beim Land Vorarlberg von den Ereignissen. Das Land Vorarlberg hatte die Renovierung des Sanitätspostens maßgeblich unterstützt. Für weitere Vereinsaktivitäten zugunsten der Vulkanopfer gibt es bereits eine Unterstützungserklärung. Auch die österreichisch-kapverdischen Städtepartnerschaften Leibnitz – Pedra Badejo sowie Deutsch Wagram – Calheta unterstützen die Vorhaben zum Wiederaufbau großzügig.

In Vorarlberg bekannt wurde der Vulkanausbruch erst durch zwei Interviews (Vorarlberger Nachrichten und Vorarlberg Online), die Klaus nach seiner Rückkehr gegeben hat. Inzwischen berichtet Klaus via Facebook über die Ereignisse, und auch auf der Vereinswebsite gibt es – neben der Chronologie – Bildmaterial. Ein Video über Chã das Caldeiras und den Vulkanausbruch ist in Ausarbeitung. Nos ku Nhos plant für 2015 Benefizveranstaltungen, um Gelder für Hilfslieferungen zu lukrieren. Unterstützungszusagen von österreichischen und kapverdischen Künstlern liegen bereits vor.

Zum Schluss gilt es Dank zu sagen

Nos ku Nhos dankt allen, die Neuza, Markus Leukel & Band einen angenehmen Aufenthalt an Vorarlberg beschert haben: Günther Frick stellte sein Ferienhaus zur Verfügung, die Gemeinde Übersaxen unter Bürgermeister Rainer Duelli ermöglichte das Freundschaftskonzert. Für Verpflegung sorgten der „Rankweiler Hof“ und Mitglieder unseres Vereins. Die Kulturwerkstatt Kammgarn ermöglichte einen erfolgreichen Tourneestart. Markus Leukel verzichtete zugunsten von Nos ku Nhos auf einen Teil seiner Gage. Harald „Moses“ Moosbrugger agierte wie immer im Hintergrund.

Unser besonderer Dank gilt allen Spendern, die ihr Mitgefühl mit den Opfern des Vulkanausbruchs auf diese Weise zeigen. Die eingelangten Spendengelder sind für Nos ku Nhos ein klarer Auftrag: „Nit lugg lo!“